Hilfe, mein Hund hat Angst vor ...
Neulich hat mich eine Kundin gefragt, was sie machen soll, wenn ihr Hund Angst vor Regenschirmen hat. Das war für mich sehr praktisch, weil es meinem Hund Toni leider gleich geht. Es kann sein, dass er sich als Welpe mal beim Aufspannen eines Schirms erschreckt hat, wir sind dann nie mit Regenschirm spazieren gegangen. Als wir dann doch einmal einen Schirm gebraucht haben, fiel mir die ängstliche Reaktion von Toni auf. Er zuckte zusammen und wollte nur noch weg.
Ziel ist es, dass ein Hund mit derartigen Ängsten (z.B. auch vor anderen Hunden, Geräuschen etc.), den auslösenden Reiz irgendwann wieder als positiven oder zumindest neutralen Reiz wahrnimmt.
Schritt 1
Zuallerst ist es wichtig, deinem Hund zu zeigen, dass du ihn verstehst und seine Angst anerkennst. Dies stärkt eure Bindung und das Vertrauen deines Hundes in dich, da er merkt, dass du ihn verstehst und er sich auf dich verlassen kann. Zwinge deinen Hund daher nie in Situationen, die ihm Angst machen, sondern gib ihm den Raum, den er gerade benötigt. Andersfalls kann z.B. Leinenaggression entstehen, da sich dein Hund nicht mehr anders zu helfen weiß, als nach vorne zu gehen.
Im konkreten Beispiel bedeutet das: Wenn mein Hund einen Regenschirm sieht und deutliches Meideverhalten zeigt (Wegschauen, weggehen, sich ducken etc.), spreche ich ihn ruhig an und gehe mit ihm gemeinsam einen Bogen um die anderen Menschen mit Regenschirm. Durch die Möglichkeit ausweichen zu können, erhält Toni eine Bewältigungsstrategie an die Hand, wodurch seine Ängste überwindbar werden.
Denn erst, wenn sich das Gehirn deines Hundes nicht mehr im "Gefahrenmodus" befindet, der Abstand also groß genug ist und er kein Meideverhalten mehr zeigt, ist sein Gehirn aufnahmefähig für Schritt 2 – dem Training am konkreten Reiz.
Schritt 2
Ihr habt also nun ausreichend Abstand gewonnen, der Angstreiz ist aber noch sichtbar für deinen Hund. Dies ist der perfekte Moment für die sogenannte Gegenkonditionierung. Dabei wird ein bisher negativ assoziierter Reiz mit etwas positivem/angenehmen für deinen Hund verknüpft und so die Emotion dazu verändert.
Konkret bedeutet das: Toni sieht den Regenschirm, ich verwende unser Markerwort und gebe ihm eine tolle Futterbelohnung. Wenn du (noch) kein Markerwort hast, kannst du deinen Hund auch einfach freundlich ansprechen (Feeiin, Priima etc.), sobald er seinen Angstreiz sieht/hört etc. und dann sofort eine tolle Futterbelohnung zu deinem Hund fliegen lassen. Im allerbesten Fall entfernt ihr euch durch die Futtergabe noch etwas weiter vom Angstreiz – das nennt sich dann "negative Verstärkung".
So kann dein Hund angenehme Lernerfahrungen in Verbindung mit seinem Angstreiz machen und wir uns schrittweise immer näher an den Stressor heranarbeiten. Mit der Zeit wird durch dieses Vorgehen der Abstand zum Angstreiz, bei dem dein Hund Meideverhalten zeigt, immer kleiner werden.
Leider wird das sogenannte "Flooding", also die Reizüberflutung, immer noch oft bei Ängsten empfohlen. Konkret wäre das: Viele Regenschirme gehen über eine lange Dauer gleichzeitig und in kurzem Abstand an Toni vorbei. Der Hund hat dabei keine Möglichkeit zu flüchten. Keine besonders schöne Vorstellung, wenn wir an eigene Ängste denken oder? Man hört dazu Aussagen wie "Der Hund muss da jetzt durch, dann wird er sich schon dran gewöhnen etc.". Das ist leider nicht der Fall, denn anders als bei der Anwendung bei Menschen, wo die Methode sinnvoll sein kann, kann dein Hund sich nicht auf das Flooding vorbereiten und nicht zwischen einer realen und konstruierten Bedrohung unterscheiden. Er erfährt somit reale und intensive Angst. Nach etwas Zeit kann es zwar sein, dass ein Hund im Flooding ruhiger wirkt. Der Hund hat aber nur völlig erschöpft aufgegeben, die Angst ist noch dieselbe. Die Methode hat jedoch schwerwiegende Folgen, wie z.B. Vertrauensverlust zur Bindungsperson, Verstärkung der Angst oder auch erlernte Hilflosigkeit.
Brauchst du Hilfe mit den Ängsten deines Hundes? Dann melde dich bei mir!